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Werberecht News Juli

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer & Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

1. BVerfG: Kundin – Kunde?
  • Eine Sparkassenkundin war mit der männlichen Personenbezeichnung in den der Bank Formularen und Vordrucken nicht einverstanden
  • Die dagegen eingereichte Verfassungsbeschwerde war nach Meinung des Bundesverfassungsgerichtes unzulässig

Die Kundin einer Sparkasse hatte sich darüber beschwert, dass in den Formularen und Vordrucken der Bank immer nur eine männliche Anrede (» Sehr geehrter Herr…«) und männliche Personenbezeichnungen verwendet wurden und ging dagegen mit einer Verfassungsbeschwerde vor. Die Unterlagen würden keine grammatikalisch weibliche oder geschlechtsneutrale Personen-
bezeichnungen enthalten.

Das Gericht stieg erst gar nicht in die rechtliche Problematik ein und nahm zur Grundrechts-
relevanz der Anrede bzw. Personenbezeichnungen nicht Stellung, auch nicht zur Frage, ob damit gegen das Gleichstellungsgesetz verstoßen werde, sondern wies die Verfassungsbeschwerde aus formalen Gründen ab. Die Kundin habe sich zu den vom BGH angeführten Argumenten gar nicht substantiiert geäußert. Sie habe noch nicht einmal eine mögliche Verletzung der Garantie des effektiven Rechtsschutzes gerügt, geschweige denn, dass sie sich mit anderen verfassungs-
rechtlichen Argumenten auseinandergesetzt hätte. Die Verfassungsbeschwerde wurde daher zurückgewiesen.

Bundesverfassungsgericht vom 26.5.2020; Az. 1 BvR 1074/18

2. LG Berlin: »Höchstpreise« für Ihre Immobilie immer unzulässig
  • Eine Maklerin hatte u. a. mit der Aussage »Immobilie zum Höchstpreis verkaufen« geworben. Das LG Berlin hielt dies für unzulässig
  • Immobilienmarkt hinsichtlich der Preise nicht transparent.
  • Die Preise hängen von vielen unterschiedlichen Faktoren ab wie Lage, Alter, Zustand, Makler können deswegen nur generalisierend schätzen und den Wert einer Immobilie angeben.
  • Aussage als Werbung mit einer Spitzenstellung unzulässig, da der Werbende nicht garantieren kann, dass eine von ihm vermittelte Immobilie einen Höchstpreis erzielt

Eine Maklerin hatte mit Aussagen wie »zum Bestpreis verkaufen«, »Verkauf zum besten Preis«, »Schnell und zum besten Preis Ihre Immobilie verkaufen«, »Der beste Preis für Ihre Immobilie« und »Bester Preis erreicht in 92 %« für ihre Leistungen geworben. Das LG Berlin hielt diese Werbeaussagen für irreführend und damit für unzulässig. Eine Aussage wie »Bestpreis« für Immobilien sei irreführend, weil der Preis einer Immobilie von zahlreichen, zum Teil nicht beeinflussbaren Faktoren abhänge.

Das LG Berlin hatte sich mit dieser Problematik in einem Ordnungsgeldverfahren zu beschäftigen, da die Maklerin – trotz entsprechenden Urteiles des LG Berlin – die Aussagen nicht aus dem Netz genommen hat. Die Richter waren der Meinung, dass in einem derartigen Fall zunächst die Internetwerbung komplett vom Netz genommen werden müsste. Auch hätte sich die Maklerin nicht auf die eigene Website bei der Überprüfung beschränken dürfen, sondern auch untersuchen müssen, ob sich ihre unzulässigen Werbeaussagen auch auf anderen Werbemitteln wie etwa Google Anzeigen oder YouTube Kanälen befanden. Die Maklerin hätte weiter die Pflicht zur Beseitigung der beanstandeten Werbeaussagen nicht ihren Mitarbeitern überlassen dürfen. Sie hätte viel mehr auf diese einwirken und die Befolgung der Anordnung streng überwachen müssen. Schließlich habe sie auch den Vorgang nicht ausreichend dokumentiert. Dies sei als Organisation und Kontrollversagen anzusehen, für das ein Ordnungsgeld in Höhe von 15.000 € angemessen sei.

LG Berlin vom 20.2.2020; 15 O 295/17
WRP 2020, S. 790

3. LG Leipzig: Gesamtpreis für Möbel muss bei Werbung angegeben werden
  • Ein Unternehmen warb in einem Prospekt unter der Überschrift »Polstertausch bei…«
    für Sofas.
  • Auch wenn im Text darauf hingewiesen worden sei, dass die dargestellten Funktionen wie Kopfstützen und Kissen im Preis nicht enthalten seien, sei der Werbende nach der Preisangabenverordnung verpflichtet, einen Gesamtpreis anzugeben.

Ein Unternehmen warb in einem Prospekt unter der Überschrift »Polstertausch bei…« für Sofas. Dort wurde eine Eckkombination mit Kopfstützen und zwei Kissen, aufgestellt in einem wohnzimmerartigen Raum abgebildet mit dem erläuternden Text »Eckkombination, in Leder, Stellmaß ca. 262 × 262 cm, ohne Funktionen, Kopfstützen und Kissen. Rücken unecht« beworben. Als Preis war ein Betrag von 2664 € angegeben worden, von dem eine Umtauschprämie abgezogen werden konnte.

Ein Verbraucherverein ging dagegen vor, weil im Prospekt ein konkretes Produkt detailliert beschrieben und einschließlich verschiedener Elemente wie Kopfstützen, Sitztiefenverstellungen und/oder Relaxfunktionen abgebildet waren. Auch wenn im Text darauf hingewiesen worden sei, dass die dargestellten Funktionen wie Kopfstützen und Kissen im Preis nicht enthalten seien, sei der Werbende nach der Preisangabenverordnung verpflichtet, einen Gesamtpreis anzugeben.

LG Leipzig vom 19.2.2020; Az. 05 1670/19
WRP 2020, S. 796

4. LG München I: Tesla kein Autopilot
  • Die Firma Tesla hatte u. a. mit folgenden Werbeaussagen geworben: »Autopilot/inklusive«, »Volles Potenzial für autonomes Fahren«, »Navigieren mit Autopilot« etc.
  • Erforderlich sei noch immer eine aktive Überwachung durch den Fahrer, ein autonomer Betrieb des Fahrzeuges sei bei der derzeitigen Rechtslage ohne Genehmigung nicht möglich

Die Firma Tesla hatte für ihr Fahrzeug des Typs »Modell 3« im Jahr 2019 mit folgenden Werbeaussagen geworben:

»Autopilot/inklusive«, »ermöglicht automatisches Lenken, Beschleunigen und Bremsen unter Berücksichtigung von Fahrzeugen und Fußgängern auf seiner Spur«, »volles Potenzial für autonomes Fahren«, »Navigieren mit Autopilot«, »Funktionalität: automatische Fahrt auf Autobahnen von der Ein- bis zur Ausfahrt einschließlich Autobahnkreuzen und Überholen von langsameren Fahrzeugen«, »Einparkautomatik: paralleles und rechtwinkliges Einparken«, »Herbeirufen, geparktes Auto finden Sie auf Parkplätzen und kommt zu Ihnen. Unglaublich aber wahr!«, »Bis Ende des Jahres: Ampel/Stoppschilder erkennen mit Anhalte/Anfahrautomatik, automatisches Fahren innerorts.«

Das LG München I hat diese Werbeaussagen als irreführend untersagt. Erforderlich sei derzeit noch immer eine aktive Überwachung durch den Fahrer, ein autonomer Betrieb des Fahrzeuges sei bei der derzeitigen Rechtslage ohne Genehmigung nicht möglich. Die Richter waren der Meinung, dass durch diese Werbung ein Eindruck entstehe, der mit der Realität nicht in Einklang sei. Es werde suggeriert, dass die Fahrzeuge technisch in der Lage seien, vollkommen autonom zu fahren. Ein autonomer Fahrzeugbetrieb sei aber nach der geltenden Straßenverkehrsordnung derzeit nicht erlaubt.

LG München I vom 14.7.2020; Az.: 33 O14041/19

5. OLG Frankfurt: Patentanwalt muss immer bezahlt werden
  • Es genügt, wenn der Patentanwalt im Verfahren erklärt, er wirke neben einem Rechtsanwalt mit
  • Ob er etwas tatsächlich unternommen hat, spielt keine Rolle

Im Markenrecht gibt es für so genannte kennzeichenrechtliche Streitigkeiten die gesetzliche Vorgabe, dass die Kosten eines Patentanwalts, der an dem Verfahren – neben einem Rechtsanwalt – mitgewirkt hat, immer zu erstatten, also vom Unterlegenen zu tragen sind. In diesen Verfahren kann neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt tätig werden. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob und in welcher Form der Patentanwalt zum Beispiel neben einem Rechtsanwalt an dem Verfahren konkret mitgewirkt hat. Es genügt, wenn er sich im Namen seines Auftraggebers bei Gericht in dem Verfahren bestellt hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Mitwirkung des Patentanwalts im Einzelfall notwendig war. Mit anderen Worten: es genügt, wenn der Patentanwalt im Verfahren erklärt, er wirke mit. Ob er etwas tatsächlich unternommen hat, spielt keine Rolle, weil die Notwendigkeit seiner Mitwirkung durch das Gesetz unwiderleglich vermutet wird. Das führt dazu, dass seine Kosten auch dann zu erstatten sind, wenn er in einem Schreiben nur erklärt hat, dass er mitwirke und keine weiteren Ausführungen weder mündlich noch schriftlich macht.

OLG Frankfurt vom 22.1.2020, Az. 6 W 2/20
GRUR - RR 2020, S. 287

6. LG Essen: Produkt ohne deutsche Gebrauchsanweisung wettbewerbswidrig
  • Wenn bei einem sicherheitstechnischen Produkt keine deutschsprachige Anleitung zur Verfügung gestellt wird, stellt dies einen Verstoß gegen das Produktsicherheitsgesetz dar.
  • Daran ändert es nichts, wenn das Unternehmen einen Link zu einer Bedienungsanleitung in deutscher Sprache übersandt hat.

Ein Unternehmen vertrieb sicherheitstechnische Produkte mit einer Gebrauchsanweisung nur in englischer Sprache. Die gesamte Verpackung war in englischer Sprache und enthielt keine sicherheitsrechtlichen Hinweise. Das Unternehmen argumentierte, dass eine Betriebsanleitung gar nicht notwendig gewesen sei, weil es keine Einstellungsmöglichkeiten am Gerät gegeben habe und dieses selbsterklärend gewesen sei. Ein Konkurrent nahm daran Anstoß und sah darin einen Wettbewerbsverstoß. Das LG Essen teilte diese Auffassung. Wenn zu einem sicherheitstechnischen Produkt keine deutschsprachige Anleitung zur Verfügung gestellt werde, stelle dies einen Verstoß gegen das Produktsicherheitsgesetz dar. Daran ändere auch nichts, dass das Unternehmen einen Link zu einer Bedienungsanleitung in deutscher Sprache übersandt habe. Allerdings betraf auch dieser Link ein anderes Produkt mit einer anderen Funktionsweise.

Auch der Einwand des Rechtsmissbrauches greife nicht durch. Das abgemahnte Unternehmen hatte erklärt, dass es im Gegensatz zum Abmahnenden nur ein kleiner Händler sei. Zu einer anderen Beurteilung führe es auch nicht, dass der Umsatz des Unternehmens mit dem beanstandeten Gerät nur geringfügig war.

LG Essen vom 11.3.2020, Az. 44 O 40/19

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