Ausgabe April 2013

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer&Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

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1. OLG Köln: Zur telefonisch erklärten Einwilligung mit »kalten« Telefonanrufen zu Werbezwecken

  • Grundsätzlich kann auch eine telefonisch erklärte Einwilligung mit einem kalten Anruf ausreichen
  • Wegen Zeitablaufs kann aber nach 16 Monaten nicht mehr von einer Einwilligung ausgegangen werden

2. OLG Köln: Fruchtgummi–Glückswochen

  • Minderjährige sind häufig nicht in der Lage, Warenangebote ausreichend kritisch zu beurteilen
  • Der Spot mit Thomas Gottschalk ist geeignet, Kinder und Jugendliche anzulocken

3. OLG Hamm: Datenerhebung bei Minderjährigen zu Werbezwecken unzulässig

  • Minderjährige ab dem 15. Lebensjahr verfügen noch nicht über die nötige Reife, die Tragweite einer Einwilligungserklärung zur Datenspeicherung und Datenverwendung zu Werbezwecken zu erkennen

4. HansOLG: Kein Urheberrechtsschutz für Werbeideen- und themen

  • Die Collage der Agentur besitzt nicht die erforderliche »Schöpfungshöhe«
  • Umgestaltung ist eine zulässige, freie Bearbeitung der Vorschläge der Agentur
  • Ideen und Thema einer Gestaltung sind urheberrechtlich nicht geschützt

5. LG Hamburg: Auch Interviewfragen können urheberrechtlich geschützt sein

  • Auch Interviewfragen können als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt sein
  • Sprachwerk kann Prägung auch durch Sammlung, Auswahl und Einteilung sowie Anordnung eines vorhandenen Stoffes gewinnen

6. BPatG: Ortsname »Ney« – ausnahmsweise – als Marke schützbar

  • Ortsnamen idR ,freihaltebedürftig und nicht als Marke eintragbar

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1. OLG Köln: Zur telefonischen Einwilligung mit »kalten« Telefonanrufen zu Werbezwecken
Das OLG Köln hatte die Frage zu entscheiden, ob eine (angeblich telefonisch erklärte) Einwilligung in einem künftigen Anruf zu Werbezwecken diesen Anruf rechtfertige. Grundsätzlich sei die Frage – so der Senat – bei einem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher in Bezug auf eine hinreichend klare Frage zu bejahen. Zwar seien Generaleinwilligungen und solche Einwilligungserklärungen irrelevant, aus denen sich der Umfang der Einwilligung nicht erkennen lasse. Wenn allerdings eine im Rahmen einer Meinungsumfrage angerufene Person auf die Frage, ob sie in Zukunft per Telefon von Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen über Assistenzsysteme und Hilfsmittel der Häuslichkeit telefonisch angesprochen und informiert werden wolle, ihr Einverständnis erklärte, liege die erforderliche Einwilligung vor. Eine Einwilligung sei zwar widerruflich, aber grundsätzlich unbefristet. Allerdings könne nach 16 Monaten nach der Erklärung wegen Wegfall des Verbraucherinteresses wegen Zeitablaufs nicht mehr von einer Einwilligung ausgegangen werden.

OLG Köln vom 7.12.2012; Az. 6 U 69/12
JurPC -Web Dok. 45/2013

2. OLG Köln: Fruchtgummi–Glückswochen
Das OLG Köln verbot den beliebten Werbespot für Fruchtgummi (Goldbären) mit dem Moderator Gottschalk als unzulässige Werbung. Zwar liege eine unlautere unmittelbare Aufforderung zum Kauf von Waren gegenüber Kindern nicht vor, weil in dem Spot nur Kinder gezeigt, aber nicht direkt angesprochen würden. Auch sei es grundsätzlich zulässig, die Teilnahme an einem Gewinnspiel an den Kauf einer Ware zu knüpfen – wenn nicht besondere Umstände dagegen sprächen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass Minderjährige häufig nicht in der Lage seien, Warenangebote ausreichend kritisch zu beurteilen. Der Spot in seiner konkreten Ausgestaltung sei geeignet, Kinder und Jugendliche in übertriebener Weise anzulocken. Die Rationalität ihrer Kaufentscheidung trete völlig in den Hintergrund. Auch werde ein Zusammenhang zwischen der Menge des Einkaufs und den damit zusammenhängenden Gewinnchancen suggeriert.

OLG Köln vom 21.9.2012; Az. 6 U 53/12
WRP 2013, S. 92.

3. OLG Hamm: Datenerhebung bei Minderjährigen zu Werbezwecken unzulässig
Eine Krankenkasse hatte während einer Messe für Ausbildungs– und Studienmöglichkeiten im Rahmen eines Gewinnspiels auch Jugendliche nach ihren persönlichen Daten gefragt. Diese mussten auf einer Teilnahmekarte eingetragen werden. Dort fand sich auch der Hinweis, dass Voraussetzungen für die Teilnahme das vollendete 15. Lebensjahr sei.

Das OLG Hamm war der Auffassung, dass die Erhebung dieser Daten (Einverständnis mit Datenspeicherung und Verwendung) unzulässig und damit ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sei. Allerdings gelte dies nicht generell für alle Minderjährige. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass Minderjährige ab dem 15. Lebensjahr grundsätzlich über die nötige Reife verfügten, um die Tragweite einer Einwilligungserklärung zur Datenspeicherung und Datenverwendung zu Werbezwecken zu erkennen. Auch wenn es einzelne Minderjährige gebe, die über die ausreichende Reife verfügten, so komme es doch auf die Altersgruppe der 15 – 17jährigen an. Der Mehrheit dieser Personen fehle noch die Fähigkeit, die Tragweite ihrer Erklärung abzusehen.

OLG Hamm vom 20.9.2012; Az. I - 4 U 85/12
WRP 2013, S. 375

4. HansOLG: Kein Urheberrechtsschutz für Werbeideen- und themen
Eine Werbeagentur hatte einem gemeinnützigen Verein für dessen Spendensammlungen verschiedene Collagen vorgeschlagen. Es handelte sich dabei um Schwarz-Weiß-Fotos von Menschen und einer optisch durch Schattenwurf auf das jeweilige Foto gesetzten roten Notbremse. Der Verein erteilte der Agentur jedoch keinen Auftrag, sondern gestaltete selbst eine Anzeige, auf der ein roter Feuermelder mit Schattierung aufgebracht war.

Das HansOLG wies die Klage der Agentur wegen behaupteter Urheberrechtsverletzung ab. Die Collage der Agentur besitze nicht die erforderliche »Schöpfungshöhe«. Aber auch dann, wenn man diese Schöpfungshöhe annehmen würde, läge keine Verletzung des Urheberrechtes der Agentur vor, da die Anzeige des gemeinnützigen Vereins eine zulässige, freie Bearbeitung der Vorschläge der Agentur seien. Ideen und Thema einer Gestaltung seien aber urheberrechtlich nicht schützbar.

HansOLG vom 17.10.2012; Az. 5 U 166/11
K&R 2013, S. 268

5. LG Hamburg: Auch Interviewfragen können urheberrechtlich geschützt sein
Eine Journalistin hatte ein Interview geführt, in dem sie dem Interviewten eine Reihe von Fragen stellte. Diese Fragen übernahm ein anderer und stellte sie, sozusagen als »eigene« ins Internet.

Das LG Hamburg entschied nun, dass auch Interviewfragen als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt sein können. Ein Sprachwerk könne seine Prägung als individuelle geistige Schöpfung nicht nur durch Sprachgestaltung und Formung gewinnen, sondern auch durch Sammlung, aus Auswahl und Einteilung sowie Anordnung eines vorhandenen Stoffes. Es müsse nur einen gewissen Grad an Individualität aufweisen (sog. »kleine Münze«).

Im vorliegenden Fall bejahte das Gericht die Urheberrechtsfähigkeit der Interviewfragen. Diese hätten auf vielfältige Weise formuliert werden können. Sie seien aufgrund ihrer prägnanten sprachlichen Gestaltung, ihres inhaltlichen Aufbaus und der individuellen Zusammenstellung urheberrechtlich geschützt. Eine Einwilligung der Urheberin des Interviews habe nicht vorgelegen. Die Übernahme sei daher unzulässig.

LG Hamburg vom 8.11.2012;
Az. 308 O 3888/12
CR 2013, S.123

6. BPatG: Ortsname »Ney« – ausnahmsweise – als Marke schützbar
Ortsnamen können in aller Regel nicht als Marke angemeldet werden, da sie zum Allgemeingut gehören und deswegen freihaltebedürftig sind. Eine Hotelgesellschaft hatte den Ortsnamen »Ney« als Marke für verschiedene Klassen angemeldet. Das Bundespatentgericht stellte nun fest, dass geographische Herkunftsangaben wie ein Ortsname grundsätzlich freihaltebedürftig seien. Der in Rheinland-Pfalz gelegene Ort »Ney« umfasse aber nicht einmal 400 Einwohner und erstrecke sich über eine Gesamtfläche von nur 6,16 km², von denen 2,29 km² mit Wald bedeckt sein. Ein Gewerbegebiet gebe es nicht, eine künftige Ausweisung eines solchen Gewerbegebiets sei nicht bekannt. Es gebe lediglich zwei Betriebe, nämlich eine Wirtshauspension und eine Ferienwohnungsvermittlung, die die Namen der Ortschaft allerdings nicht verwendeten. Die Gefahr der Verwechselung bestehe daher nicht. Deswegen könne »Ney« als Marke ausnahmsweise eingetragen werden.

BPatG vom 19.11.2012; Az. 27 W 571/11
IPRB 2013, S. 25

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