Ausgabe Juli 2013

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer&Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

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1. OLG Köln: Wann liegt ein Einverständnis eines Verbrauchers mit kalten
 Anrufen vor?

  • (Auch) Wohlfahrtsorganisation sind sog. kalte Telefonanrufe nur bei vorheriger Einwilligung des Verbrauchers erlaubt
  • Einwilligung muss bewiesen werden können

2. LG Hamburg: Gewinnspiel und » Gefällt-Mir-Button« bei Facebook

  • »Gefällt–Mir–Buttons« bei Facebook ist lediglich eine unverbindliche Gefallensäußerung
  • Weitere Erwartungen oder Gütevorstellungen sind damit nicht verbunden

3. VGH Baden-Württemberg: Wette auf Wetter nicht wettbewerbswidrig

  • Wette, dass es am Mittag eines bestimmten Tages drei Wochen nach einem Kauf an einem bestimmten Ort regnet, kein Glücksspiel

4. OLG Düsseldorf: Gute Kundenbewertung zuerst, schlechte später: unzulässig

  • Werden positive Kundenbewertungen sofort freigeschaltet, neutrale oder gar schlechte erst später, ist das irreführende Werbung

5. OLG Koblenz

  • Vertrieb von Aufklebern für Briefkästen mit der Aufschrift »Bitte keine Werbung« und »Bitte keine .. kostenlosen Zeitungen durch Verlag« unzulässig

6. LBG München: »Zahnmedizinische Leistungen zu bezahlbaren Preisen«: unlauter

  • Berufswidrige Werbung eines Zahnarztes

7. Gutachterausschuss*: »Ihre Nr. 1«

  • Aussage »Ihre Nr. 1« stellt unzulässige Spitzenstellungsbehauptung dar
  • Differenzierung zwischen den Aussage »Ihre Nr. 1« und »Die Nr. 1« sowie »Meine Nr. 1«

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1. OLG Köln: Wann liegt ein Einverständnis eines Verbrauchers mit kalten Anrufen vor?
Eine Wohlfahrtsorganisation hatte über ein Callcenter Verbraucher anrufen lassen, um sie über die Möglichkeit eines so genannten »Hausnotrufes« zu informieren. Bei einem Hausnotrufdienst handelt es sich um eine Einrichtung, mit der Verbraucher im Notfall telefonisch eine Telefonzentrale anrufen können, um Hilfe anzufordern.

Das OLG Köln stellte zunächst einmal fest, dass auch für Wohlfahrtsorganisationen die Maßstäbe des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gelten, das so genannte kalte Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern untersagt.

Andererseits könnten sich auch Wohlfahrtsorganisationen des Mittels des Telefonmarketings bedienen, wenn dafür die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Das bedeute, dass das vorheriges Einverständnis des Angerufenen vorliegen müsse. Im vorliegenden Fall hatte die angerufene Person angeblich an einer Meinungsumfrage zu sozialen Fragen teilgenommen und die Frage der Anruferin bejaht, ob Sie damit einverstanden sei, wenn sie in Zukunft zwecks Information über dieses System angerufen werde. Der Senat war der Meinung, dass dies ausreicht, um den späteren Anruf zu legitimieren.

Dennoch wurde die Wohlfahrtsorganisation zu Unterlassung verurteilt, weil sie die im Rahmen der Meinungsumfrage angeblich erteilte Einwilligung nicht beweisen konnte.

OLG Köln vom 7.12.2012 ; Az. 6 U 69/12
WRP 2013,S. 659

2. LG Hamburg: Gewinnspiel und »Gefällt-Mir-Button« bei Facebook
Ein Unternehmen hatte bei Facebook für die Teilnahme an einem Gewinnspiel geworben. Voraussetzung war ein Klick auf den »Gefällt-Mir-Button«. Ein Verband hielt dies für irreführend, weil dadurch die Zahl der Personen, denen ein Produkt (angeblich) gefiel, erhöht werde und dies allen bekanntgemacht werde. Dass der Klick auf diesen Button Voraussetzung für die Teilnahme und nicht Ausdruck der Zufriedenheit mit dem Produkt gewesen sei, sei irreführend.

Das LG Hamburg teilte diese Auffassung nicht. Nach seiner Auffassung komme mit der Betätigung des »Gefällt-Mir-Buttons« bei Facebook lediglich eine unverbindliche Gefallensaußerung zum Ausdruck, mit der keine weiteren Erwartungen oder Gütevorstellungen verbunden würden.

LG Hamburg vom 10.1.2013; Az. 327 O 438/11
WRP 2013, S. 678

3. VGH Baden-Württemberg: Wette auf Wetter nicht wettbewerbswidrig
Ein Möbelhaus hatte seinen Kunden einen Nachlass von mindestens 100 € angeboten für den Fall, dass es am Mittag eines bestimmten Tages drei Wochen nach einem Kauf in Höhe von mindestens 100 € an einem bestimmten Ort regne. Mindestens 3 mm/Quadratmeter müssten zwischen 12:00 und 13:00 Uhr fallen.

Die zuständige Behörde Verbot die Aktion als ein unzulässiges Glückspiel. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg jedoch teilte diese Meinung nicht. Er war der Auffassung, dass der Kunde das Entgelt, also die 100 €, nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel zahle (was unzulässig gewesen wäre), sondern für für das Geld als Gegenleistung die Ware bekomme.

VGH Baden-Württemberg vom 9.4.2013; Az. 9 S 2435/99
Fundstelle: eigene

4. OLG Düsseldorf: Gute Kundenbewertung zuerst, schlechte später: unzulässig
Ein Unternehmen der Medizintechnik mit mehreren Dentallabors bot seinen Kunden auf seiner Website die Möglichkeit der Bewertung der eigenen Leistungen. Ein klagebefugter Verband fand heraus, dass positive Kundenbewertungen sofort freigeschaltet wurden, neutrale oder gar schlechte erst nach fünf Tagen. Die schlechten oder neutralen wurden zunächst einer Prüfung unterzogen, die auch zur Löschung der Bewertung führen konnte.

Das OLG Düsseldorf sah darin irreführende Werbung. Durch das System werde die gleichwertige Berücksichtigung negativer Bewertungen bzw. neutraler Bewertungen verhindert und so ein übertrieben positives Bild gezeichnet.

OLG OLG Düsseldorf vom 19.2.2013; Az. I – 20 U 55/12
K&R 2013,S. 348

5. OLG Koblenz:
Der Verlag eines Anzeigenblattes bot seinen Lesern Aufkleber für Briefkästen mit der Aufschrift »Bitte keine Werbung« und »Bitte keine Werbung/keine kostenlosen Zeitungen« an, die sie sich an den Briefkasten kleben konnten. Das eigene Anzeigenblatt jedoch sollte von dem Verbot ausgenommen sein.

Das OLG Koblenz hielt dies für unzulässig. Der Anzeigenverlag erreiche durch den Vertrieb dieser Aufkleber eine Sperre der Briefkästen für Konkurrenzprodukte. Diese dürften nach Anbringung des Aufklebers nicht mehr in den Briefkasten eingelegt werden.

OLG Koblenz vom 16.1.2013; Az. 9 U 982/12
K&R 2013, S. 350

6. LBG München: »Zahnmedizinische Leistungen zu bezahlbaren Preisen«: unlauter
Ein Betreiber mehrerer zahnärztlicher Tageskliniken warb im Rundfunk mit dem Text:
»Es ist X Uhr XX, Zeit den Zahnärzte wechseln!! In der zahnärztlichen Tagesklinik Dr. E. bekommen Sie alle zahnmedizinischen Leistungen zu bezahlbaren Preisen. Infos unter www.de.«

Das LBK hielt dies für irreführende Werbung. Dem Zahnarzt sei berufswidrige Werbung untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung. Der Text suggeriere dem Verbraucher, dass der Zahnarzt frei das Entgelt für zahnärztlichen Leistungen bestimmen könne und er auf die Leistungsfähigkeit des Kunden bei der Bemessung seines Honorars keine Rücksicht nehmen müsse. Einem Zahnarzt sei jedoch eine freie Vereinbarung nur im beschränkten Maße möglich. Die durch die Werbung bewirkte Verdrängung von Mitbewerbern verstoße nicht nur gegen die Berufsordnung der Zahnärzte, sondern sei auch gem. § 8 Abs. 2 BO unlauter.

LBG, Urteil vom 11. Januar 2013 - LBG-Z 1/ 12,
Quelle: www.iww.de, Abrufnummer 131388

7. Gutachterausschuss*: »Ihre Nr. 1«
Der Gutachterausschuss prüfte, ob die häufig verwendete Aussage »Ihre Nr. 1« eine unzulässige Spitzenstellungsbehauptung darstellt. Konkret lag der Stellungnahme die Aussage einer Immobilienmaklerin zu Grunde, die als »Ihre Nr. 1 bei Ferienunterkunftsvermittlung am Lago di Como« geworben hatte.

Der Ausschuss erwähnt verschiedene Entscheidungen deutscher Oberlandesgerichte, die die Werbeaussage »Nr. 1« als eindeutig unzulässige Spitzenstellungsbehauptung werteten, die unzulässig ist, wenn eine Spitzenstellung nicht besteht. Der Ausschuss zitiert auch eine Entscheidung des OLG Schleswig aus dem Jahre 1996, das die Aussage »Ihre Nr. 1 in Hamburg« für eine unzulässige, weil unzutreffende Alleinstellungswerbung hielt. Der Zusatz »Ihre« führe nur dazu, dass sich der Leser persönlich angesprochen fühle und ändere an der Spitzenstellungsbehauptung nichts.

Der Gutachterausschuss differenzierte jedoch zwischen den Aussage »Ihre Nr. 1« und »Die Nr. 1« sowie »Meine Nr. 1« . Wenn der Zusatz »Ihre« erläutert werde, z.B. dadurch, wen man nach seiner Meinung befragt habe und wie es zu dieser Aussage komme, könne er erlaubt sein. Allerdings dürfe es nicht möglich sein, durch die bloße Hinzufügung des Begriffes »Ihre« das Verbot der unzutreffenden Alleinstellungswerbung auszuhebeln.

Gutachten des Gutachterausschusses für Wettbewerbsfragen März 2013
WRP 2013, S. 759

(*Der so genannte Gutachterausschuss nimmt gelegentlich zu bestimmten Werbeaussagen Stellung. Die Stellungnahme ist zwar nicht mit einer gerichtlichen Entscheidung gleichzustellen, dennoch hat sie ein gewisses Gewicht, weil sie von einem Gremium von Fachleuten abgegeben wird.)


BPatG vom 21.8.2012; Az. 10 W (pat) 701/09
GB 2013 S. 20

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