Ausgabe September 07

Ein Service von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

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1. BGH: Fotografieren in den Geschäftsräumen der Konkurrenz ausnahmsweise erlaubt, wenn Wettbewerbsverstoß nicht anders dokumentiert werden kann

  • Fotoaufnahmen in den Geschäftsräumen eines Konkurrenten wurden in der Vergangenheit von einigen Gerichten für unzulässig gehalten. Der BGH hat in einem konkreten Fall davon nun eine Ausnahme gemacht.
  • Um einen Verstoß mit ständig wechselnden Preisen dokumentieren zu können, hatte ein Unternehmen in den Räumen der Konkurrenz fotografieren lassen.
  • Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass dieses Vorgehen im vorliegenden Fall zulässig gewesen sei, da ein Beweis eines Wettbewerbsverstoßes nicht anders hätte geführt werden können.

2. BGH: Abwerbung fremder Mitarbeiter grundsätzlich erlaubt

  • Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist das Abwerben fremder Mitarbeiter grundsätzlich erlaubt.
  • Es sei dann wettbewerbswidrig, wenn unlautere Begleitumstände hinzukämen

3. BGH: Staatsgeschenk und Urheberrecht

  • Bemalung der Berliner Mauer kann urheberrechtsfähig sein
  • Werden die Mauerteile an den deutschen Bundestag verschenkt, dessen Präsident sie wiederum symbolisch der UNO schenkt, liegt darin keine Urheberrechtsverletzung

4. OLG Hamburg: Kein beliebiges Herunterladen im Internet

  • Auch minderjährigen Internetnutzern ist bewusst, dass das Herunterladenaus dem Internet ausschließlich für den privaten Gebrauch erlaubt ist

5. Landgericht München I: Gutschein gültig für ein Jahr - unzulässig

  • Eine Klausel, dass ein Gutschein nach einem Jahr verfällt, ist nach Auffassung des Landgerichts (LG) München I unzulässig

6. Landgericht Leipzig: Veröffentlichung einer Telefax - und Tel. Nr. im Branchenverzeichnis berechtigt nicht zur Telefaxwerbung

  • Die Veröffentlichung der Adressen in Fachkreisen zugänglichen Branchenverzeichnissen kein Grund zur Annahme, das eingetragene Unternehmen sei mit dem Erhalt von Telefaxwerbeschreiben einverstanden.

7. Landgericht Mainz: Veröffentlichung einer eMail Adresse im Ausstellerverzeichnis einer Messe berechtigt zur Werbung per E-Mail

  • Werbung per Telefax an solche Unternehmen zulässig, die sich in das Ausstellerverzeichnis mit einer E-Mailadresse eingetragen ließen

8. LG Münster: Streitwert bei Abmahnung wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung

  • Der Streitwert eines Verfahrens bestimmt die Höhe der Gerichts - und Anwaltskosten
  • Gesetzliche Vorgaben für die Höhe des Streitwerts gibt es nicht. Der Streitwert wird letztlich vom zuständigen Gericht nach bestimmten Kriterien (z. B. Schwere des Verstoßes, wirtschaftliche Bedeutung der Parteien etc.) festgesetzt
  • Das Landgericht (LG) Münster hielt einen Streitwert von 4000 EUR für eine Abmahnung für angemessen

9. Stichwort: Elektronische Schutzschrift geplant

Einführung eines elektronischen Schutzschriftenregisters geplant.

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1. BGH: Fotografieren in den Geschäftsräumen der Konkurrenz ausnahmsweise erlaubt, wenn Wettbewerbsverstoß nicht anders dokumentiert werden kann
Ein Selbstbedienungswarenhaus hatte mit täglich wechselnden Preisen geworben und damit, dass diese Angebote günstiger als bei der Konkurrenz seien. Allerdings regierte die Konkurrenz auf den Vergleich dadurch, dass auch sie ihre Preise senkte und der Vergleich damit falsch wurde. Um den Verstoß dokumentieren zu können, hatte das Unternehmen in den Räumen der Konkurrenz die werblich Ankündigungen fotografieren lassen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte nun, dass das Fotografieren in fremden Geschäftsräumen zwar grundsätzlich, aber nicht in diesem Fall unlauter und damit unzulässig sei. Auch angesichts der technischen Neuerungen werde es von den Kunden immer noch als etwas Besonderes und Auffälliges empfunden, wenn in Geschäftsräumen durch »Besucher« fotografiert werde.

Im vorliegenden Fall ergebe die Abwägung der Interessen jedoch die Zulässigkeit der Aufnahmen. Wenn ein Beweis eines Wettbewerbsverstoßes nicht anders geführt werden könne, müssten mögliche Betriebsstörungen durch die Anfertigung von Fotoaufnahmen in den Geschäftsräumen des Verletzers hingenommen werden.

BGH vom 25.1.2007 ; Az. I ZR 133/04
Fundstelle: eigene

2. BGH: Abwerbung fremder Mitarbeiter grundsätzlich erlaubt
Der Bundesgerichtshof entschied, dass das Abwerben fremder Mitarbeiter als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt ist. Es sei dann wettbewerbswidrig, wenn unlautere Begleitumstände hinzukämen, insbesondere unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Zwecke verfolgt würden. Unlauter sei es allerdings einen Mitarbeiter eines Mitbewerbers zum Vertragsbruch zu verleiten, d. h. gezielt und bewusst auf dessen Vertragsbruch hinzuwirken. Das bloße Ausnutzung eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten, sei dagegen grundsätzlich nicht unlauter.

BGH vom 11.1.2007 ; Az. I ZR 96/04
WRP 2007, S. 951

3. BGH: Staatsgeschenk und Urheberrecht
Ein bildender Künstler hatte im Jahr 1995 drei zusammenhängende Elemente der Berliner Mauer bemalt, diese jedoch nicht signiert. Das Land Berlin schenkte die Mauerteile mit der Mahnung dem deutschen Bundestag, dessen Präsident sie wiederum symbolisch der UNO schenkte. Die Mauerteile selbst blieben zunächst an Ort und Stelle, wurden erst im Jahre 2002 im Park der Vereinten Nationen in den Vereinigten Staaten übergeben. Erst dann verklagte der Künstler die Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung seines Urheberrechtes auf Schadensersatz. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte zunächst einmal, dass die Malerei urheberrechtsfähig und damit vom Urheberrechtsgesetz geschützt sei. Dieses Urheberrecht sei allerdings nicht verletzt worden. Die hier in Betracht kommende Verletzungshandlung könnte nur die Vervielfältigung/Verbreitung des Werkes ohne Erlaubnis des Urhebers sein. Hier sei das Werk jedoch lediglich im Rahmen eines Festaktes zur Schau gestellt worden. Auch durch die Schenkung an die Uno sei das Werk nicht " verbreitet " und so in das Urheberrecht des Künstlers nicht eingegriffen worden.

BGH vom 24.5.2007 ; Az. I ZR 42/04
WRP 2007, S. 996

4. OLG Hamburg: Kein beliebiges Herunterladen im Internet
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg stellte fest, dass auch minderjährigen Internetnutzern bewusst sei, dass dieses Medium nicht dazu berechtige, sich unerlaubt und gegen den Willen des Berechtigten fremde Güter anzueignen und daraus unbefugt Gewinn zu erzielen. Das verbreitet im Internet anzutreffende konkludente Einverständnis des Berechtigten mit einer kostenfreien Nutzung beziehe sich - so weit nichts Gegenteiliges erklärt ist - ausschließlich auf einen privaten Gebrauch. Bei aus einer anonymen Tauschbörse heruntergeladenen Prominenten - Lichtbildern erschließe sich auch jugendlichen Nutzern ohne große Mühe, dass mit den erhaltenen Gütern selbst dann ohne Einwilligung keine Geschäfte gemacht bzw. versucht werden dürfen, wenn ein ausdrücklicher Copyrightvermerk nicht angebracht sei.

OLG Hamburg vom 13.9.2006 ; Az. 5 U 161/05
WRP 2007, S. 1009

5. Landgericht München I: Gutschein gültig für ein Jahr - unzulässig
In den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Versandhändlers fand sich die Klausel, dass Gutscheine innerhalb eines Jahres nach Ausstellung nicht mehr angenommen würden und der für den Gutschein bezahlte Betrag verfalle. Das Landgericht (LG) München I entschied nun jedoch, dass eine derartige Klausel unzulässig sei. Sie weiche von dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des bürgerlichen Gesetzbuches ab, das einen " Verfall " eines Anspruches nur dann vorsehe, wenn dieser verjährt sei. Die Bestimmung der Jahresfrist weiche zudem von der gesetzlich vorgeschriebenen Verjährungsfrist von drei Jahren ab. Eine derartige Abweichung sei unangemessen.

LG München I vom 5.4.2007 ; Az. 12 O 22084/06
Kommunikation und Recht 2007, S. 428

6. Landgericht Leipzig: Veröffentlichung einer Telefax - und Tel. Nr. im Branchenverzeichnis berechtigt nicht zur Telefaxwerbung
Weil eine Firma solchen möglichen Kunden ihre Leistungen per Telefax anbot, deren Telefax Nummern sie dem Branchenverzeichnis entnommen hatte, fühlte sie sich auf der rechtlich sicheren Seite. Das Landgericht (LG) Leipzig stellte allerdings fest, dass die Werbung per Telefax ohne Einverständnis des Empfängers vorgenommen worden und deswegen unzulässig sei. Die Veröffentlichung der Adressen in vier Fachkreisen zugänglichen Branchenver -zeichnissen sei kein Grund für die Annahme, das eingetragene Unternehmen sei mit dem Erhalt von Telefaxwerbeschreiben einverstanden.

Landgericht Leipzig vom 9.3.2007 ; Az. 05 O 4051/06
Kommunikation und Recht 2007, S. 1018

7. Landgericht Mainz: Veröffentlichung einer eMail Adresse im Ausstellerverzeichnis einer Messe berechtigt zur Werbung per E-Mail
Das Landgericht (LG) Mainz hielt es für zulässig, Werbung per Telefax an solche Unternehmen zu versenden, die sich im Rahmen einer Messe in das Ausstellerverzeichnis mit einer E-Mailadresse eingetragen hatten. Darin könne eine Einwilligungserklärung liegen, Messe bezogene Werbung z. B. für Mittel zur Präsentation von Waren per E-Mail zu erhalten.

LG Mainz vom 37. 3. 2007, Az. 10 HKO 2/07
WRP 2007, S. 1019

8. LG Münster: Streitwert bei Abmahnung wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung
Wer wegen eines Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften abgemahnt wird, wird aufgefordert, eine Erklärung abzugeben, das beanstandete Verhalten bei Meidung einer Vertragsstrafe nicht zu wiederholen und die Kosten für die Abmahnung zu tragen. Diese Kosten hängen von dem Wert ab, den der Abmahnende in seinem Schreiben angegeben hat. Da es für diesen Wert keine festen Vorgaben gibt, kann er zwischen 5000 und 20 000 EUR und mehr schwanken. Eine verbindliche Feststsetzung kann nur durch ein Gericht im Rahmen eines Rechtsstreites vorgenommen werden.

Das Landgericht (LG) Münster hatte nun über den Streitwert für eine Abmahnung wegen einer falschen Widerrufsbelehrung zu befinden. Es erklärte, dass der Regelstreitwert bei Wettbewerbsstreitigkeiten von mittlerer Bedeutung nach der Rechtsprechung 15.000 DM, also 7006 69,83 EUR betrage. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sei ein Streitwert von 8000 EUR grundsätzlich angemessen. Bei der Bestimmung des Streitwertes komme es aber auch darauf an, ob es sich um eine nach Art und Umfang einfach gelagerte Sache handele , also eine" tägliche Routinearbeit " oder nicht. Im vorliegenden Fall reduzierte das Gericht deswegen den Streitwert von 8000 EUR auf 4000 EUR.

LG Münster vom 4.4.2007 ; Az. 594 /06
Fundstelle: Eigene

9. Stichwort: Elektronische Schutzschrift geplant
Eine Schutzschrift ist eine Möglichkeit im Falle einer Abmahnung wegen eines vermeintlichen Wettbewerbsverstoßes, sich gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu wehren. Umgehend nach Erhalt der Abmahnung sollte man sich diesen Schritt überlegen, wenn man nicht die geforderte Unterlassungserklärung abgeben möchte. In der Schutzschrift wird dargelegt, warum die Abmahnung aus der Sicht des Abgemahnten unbegründet ist. Sie kann bei dem Gericht, bei dem der Antrag voraussichtlich eingereicht wird, hinterlegt werden. Geht dann der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei Gericht tatsächlich ein, so wird es in der Regel auch die Schutzschrift berücksichtigen - und dem Antrag deswegen möglicherweise nicht stattgeben.

Da auf Grund zivilprozessualer Vorschriften viele Gerichte zuständig sein können, sollte bei jedem in Betracht kommenden Gericht eine solche Schutzschrift hinterlegt werden. Dass dies mit erheblichen Zeit - und Kostenaufwand verbunden ist, liegt auf der Hand. Deswegen wurde vorgeschlagen ein elektronisches, zentrales Schutzschriftenregister zu schaffen, bei dem Schutzschriften elektronisch hinterlegt und von den Gerichten abgerufen werden können (www.schutzschriftenregister.de). Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es allerdings noch nicht.

NJW EDVreport 2007 XXII.

PS: Am 25./26.9.2007 findet in Zürich ein zweitägiges Seminar statt zum Thema »Recht in Werbung und Marketing – Potenziale ausnutzen, Risiken vermeiden » bei dem der Verfasser über »Werbevorschriften im EU – Raum« referieren wird. Weitere Informationen können Sie gerne bei mir anfordern oder direkt beim Veranstalter           » EUROFORUM« anmeldungch@euroforum.com oder unter der TelNr. 0041 – 44 – 288 94 70

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