Ausgabe Oktober 2010

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer&Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

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1. EuGH: Deutscher Glückspielvertrag gegen EU-Recht

  • EuGH erklärt Glücksspielstaatsvertrag als nicht vereinbar mit europäischem Recht
  • Von einer kohärenten Bekämpfung der Spielsucht könne nicht die Rede sein.

2. BGH: Ausgeschiedener Mitarbeiter darf mit Kunden des früheren Arbeitgebers Kontakt aufnehmen – aber nicht ohne weiteres per Telefon

  • Ausgeschiedener Mitarbeiter setzte per Telefon und eMail mit früheren Kollegen von Kunden seines Ex – Arbeitgebers in Verbindung.
  • BGH hält nur Kontaktaufnahme per eMail für unzulässig

3. OLG Berlin Brandenburg: Fotografieren in Sanssauci (doch) erlaubt

  • Es gibt kein Vorrecht des Eigentümers, Fotoaufnahmen seines Eigentums zu verwerten
  • Schlösserverwaltung ist durch Satzung verpflichtet, jedermann Zugang zu gewähren

4. LG München I: » Ich liebe es » ist nichts Besonderes »

  • Die Tonfolge weist nicht die erforderliche Schöpfungshöhe auf

5. AG Köln: Kein Schadenersatz wegen Verbreitung nicht genehmigter Fotografien eines Kalbes – » Kuh – Charity – Party »

  • Durch Fotos eines Kuh wird nicht in das Eigentumsrecht der Bäuerin eingegriffen worden

6. Bundesnetzagentur: Geldbußen für unerlaubte Telefonwerbung

  • Bundesnetzagentur verhängt Geldbußen wegen unerlaubter Telefonwerdbung

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1. EuGH: Deutscher Glückspielvertrag gegen EU-Recht
In verschiedenen Vorabentscheidungsverfahren hat der EuGH den deutschen Glücksspielstaatsvertrag als nicht vereinbar mit europäischem Recht befunden. Zwar könne ein Mitgliedstaat durchaus Glücksspiele in der Hand des Staates im Interesse des allgemeinen Wohles, hier der Bekämpfung der Spielsucht monopolisieren, doch setze dies voraus, dass er dieses Ziel auch kohärent verfolgt. Da in Deutschland jedoch die Zahl der staatlichen Spielcasinos erhöht, die Werbung für einen Kasinobesuch gesteigert und weitere Spielautomaten erlaubt worden seien, könne von einer kohärenten Bekämpfung der Spielsucht nicht die Rede sein.

Die Gerichte, die dem EuGH die Frage nach der Wirksamkeit des Glücksspielstaatsvertrag ist gestellt haben, müssen nun unter Berücksichtigung dieses Standpunktes in den Ausgangsfällen eine Entscheidung treffen.

EuGH vom 8.9.2010
C – 409/06

2. BGH: Ausgeschiedener Mitarbeiter darf mit Kunden des früheren Arbeitgebers
Kontakt aufnehmen – aber nicht ohne weiteres per Telefon
Ein Mitarbeiter war aus einer Firma für Oberflächenbearbeitung von Metallen und Reparaturen von Werkzeugen ausgeschieden und bei einer anderen, neu gegründeten Firma mit dem selben Geschäftsbereich eingestiegen. In deren Auftrag rief er dann Mitarbeiter von Kunden ihres früheren Arbeitgebers an, erklärte, dass er nun für eine neue Firma tätig sei und sich über Anfragen und Aufträge freuen würde. Auch per E-Mail setzte er sich mit früheren Kollegen von Kunden seines Ex – Arbeitgebers in Verbindung.

Während nach deutschem Recht Werbeanrufe bei Privaten grundsätzlich nur bei vorherigem Einverständnis erlaubt sind, dürfen Unternehmen dann angerufen werden, wenn deren Einverständnis zu vermuten ist.

Der BGH entschied nun im Gegensatz zu den Vorinstanzen, dass im vorliegenden Fall die Anrufe nicht wettbewerbswidrig waren. Der Kundenkreis sei kein geschütztes Rechtsgut. Das Abwerben von Kunden gehöre zum Wesen des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden seien. Verwende ein ehemaliger Mitarbeiter Informationen aus seiner früheren Tätigkeit, ist dies nicht unlauter. Der anzurufende Gewerbetreibende müsse allerdings gerade mit einer telefonischen Kontaktaufnahme einverstanden seien. Die Vermutung der Einwilligung des Umworbenen mit der Kontaktaufnahme reiche dagegen nicht aus.

BGH vom 11.3.2010; Aktenzeichen I ZR 27/08
WRP 2010, S. 1249

3. OLG Berlin Brandenburg: Fotografieren in Sanssauci (doch) erlaubt
Das OLG Berlin – Brandenburg hob ein Urteil des LG Potsdam auf, mit dem dieses einem Fotografen untersagt hatte, Fotoaufnahmen in öffentlichen Parkanlagen und Schlössern herzustellen und diese Bilder gegen Gebühr zu verwerten. Die Schlösserverwaltung hatte am Eingang auf das Verbot der gewerblichen Verwertung von Fotoaufnahmen hingewiesen.

Nach Auffassung des OLG Berlin – Brandenburg gebe es kein Vorrecht des Eigentümers, Fotoaufnahmen seines Eigentums zu verwerten. Privateigentümer könnten sich gegen die Anfertigung von Fotos dadurch wehren, dass sie den Zugang verbieten oder Vorkehrungen treffen, dass man ein Objekt nicht fotografieren kann.

Der Schlösserverwaltung sei dies nicht möglich, weil diese durch ihre Satzung verpflichtet seien, jedermann Zugang zu gewähren, die Anlagen zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch aufgrund einer Parkordnung seien Besucher nicht verpflichtet, gewerbliche Aufnahmen zu unterlassen. Da keine Eingangskontrollen stattfänden, müsse ein Besucher den Eindruck gewinnen, es sei der Zutritt sei unbeschränkt gestattet, solange er sich ordentlich betrage und die Anlage nicht beschädige.

OLG Berlin – Brandenburg vom 18.2.2010, Aktenzeichen 5 U 12/09, 5 U 13/09, 5 U 14/09
Fundstelle: eigene

4. LG München I: » Ich liebe es » ist nichts Besonderes »
Der Komponist des Werbe-Jingles für eine Schnellrestaurant – Kette hatte gegen den Fast- Food-Hersteller geklagt, weil er der Meinung war, dass er für seine Komposition
» Ich liebe es » über einen Betrag von 1500 € und zwei Flaschen Champagner hinaus weiteres Honorar verlangen könne. Die Jingel habe zwischenzeitlich weltweite Bekanntheit.

Das LG München I war der Meinung, dass der Komponist nur dann nachträgliches Honorar verlangen könne, wenn es sich bei dem Jingle um ein urheberrechtsfähiges Werk handele. Da die Richter davon jedoch nicht ausgingen, wiesen sie die Klage ab. Die Tonfolgen sei so sehr vom natürlichen Sprachduktus vorgegeben, dass sie nicht die erforderliche Schöpfungshöhe aufweise. Der Jingle bestehe nur aus einer Terz und einer Sekunde, wodurch die erforderliche Gestaltungshöhe nicht erreicht werden könne.

LG München I vom 18.8.2010, Aktenzeichen 21 o 177/09
IP-Report 2010,194

5. AG Köln: Kein Schadenersatz wegen Verbreitung nicht genehmigter Fotografien eines Kalbes – » Kuh – Charity – Party »
Eine Eventveranstalterin führte eine » Kuh –Charity – Party » durch und bewarb diese im Internet. Auf der Website befanden sich drei Bilder eines Rinderkalbs mit der Ohrmarkennummer DE 05361005451 mit dem Namen Anita. Die Bilder waren bei einem Besuch auf einem Bauernhof aufgenommen worden.

Die Bäuerin und Eigentümerin von Anita klagte auf 2000 € Schadenersatz, weil sie wegen der Anfertigung der Fotos und deren Verwertung nicht gefragt worden sei. Das AG Köln wies die Klage ab.

Durch die Anfertigung der Fotos von Anita sei nicht in das Eigentumsrecht der Bäuerin eingegriffen worden. Das Fotografieren habe keinerlei Auswirkung auf eine Sache, hier das Kalb. Zwar könne in der unzulässigen Fertigung und Verbreitung von Fotos die Verletzung eines Persönlichkeitsrechtes liegen, allerdings sei damit nur das menschliche Persönlichkeitsrecht gemeint. Rückschlüsse aus dem Foto auf die Persönlichkeit der Eigentümerin könnten nicht gezogen werden.

AG Köln vom 22.6.. 2010; Az. 111 C 33/10
JurPC Web.Dok. 154/2010 , Abs. 1 - 38

6. Bundesnetzagentur: Geldbußen für unerlaubte Telefonwerbung
In 11 Ordnungswidrigkeitenverfahren wurden Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 694.000 € gegen Unternehmen verhängt, die ohne vorherige Einwilligung des Anschlussinhabers diesen zu Werbezwecken anriefen oder anrufen ließen.

Der Bundesnetzagentur wies darauf hin, dass in einigen dieser Fälle Einwilligungs -erklärungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten gewesen seien. Eine wirksame Einwilligungserklärung sei jedoch nur gegeben, wenn der Kunde entweder ein bestimmtes Kästchen anzukreuzen oder eine vergleichbare eindeutige Erklärung seiner Zustimmung abzugeben habe. Die wirksame Einwilligungserklärung setze ein vorheriges bewusstes Tätigwerden des Kunden voraus.

(C)
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